Musterung
25. April 2024

Nevin Aladağ

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In ihren Arbeiten collagiert Aladağ verschiedene Textilien: von geknüpften Kelims über Schurwoll- und Seidenteppiche bis hin zu Sisal- und Wollteppichen. Ohne sich zu überlagern, stehen die einzelnen Teile gleichwertig nebeneinander und ergeben eine »soziale Struktur«. Es entstehen hypride Reliefs, deren Fragmente ihre Herkunft und Identität zur Diskussion stellen.

Ausstellungsansicht: Musterung. Pop und Politik in der zeitgenössischen Textilkunst, 2020. Foto: Frank Krüger; courtesy: Kunstsammlungen Chemnitz


Nevin Aladağ

geb. 1972, Van, Türkei, lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland

Nevin Aladağ widmet sich in ihrer künstlerischen Arbeit dem Ornament als Synonym komplexer gesellschaftlicher Strukturen und Zustände. Ihre Werke verhandeln Themen wie Selbstbestimmung, Rollentausch, Fremdwahrnehmung und Multiperspektivität, wobei die Künstlerin Klischees und vorgeformtes Wissen grundlegend hinterfragt. Anhand kultureller Artefakte und tradierter Handlungen untersucht die Künstlerin in ihren gattungsübergreifenden Arbeiten Fragen nach Herkunft, Identität und Geschlecht. Im Mittelpunkt ihrer Auseinandersetzungen stehen dabei für sie das Aufbrechen von Grenzen, die Dekonstruktion »des Fremden« und die Verknüpfung von als antagonistisch empfundenen kulturellen Äußerungen und Organisationen.
In den hier ausgestellten Arbeiten collagiert Aladağ verschiedene Textilien: von geknüpften Kelims über Schurwoll- und Seidenteppiche bis hin zu Sisal- und Wollteppichen. Deren Herstellungsverfahren und Produktionsorte reichen von traditionellen Knüpfungen aus Indien, dem Iran und der Türkei über kommerzialisierte orientalische Teppiche sowie industriell gefertigte Massenware des globalisierten Teppichsektors. Ohne sich zu überlagern, stehen die einzelnen Teile gleichwertig nebeneinander und ergeben eine »soziale Struktur«. Es entstehen hybride Reliefs, deren Fragmente ihre tatsächliche Herkunft und Identität nicht preisgeben. Aladağ verwebt Antagonismen zwischen westlichen und östlichen Traditionen, abstrahierten und religiös konnotierten Bedeutungen, hochwertiger Handarbeit und Fabrikproduktion, Seide versus Synthetik, und vielfältige kunsthistorischen Referenzen. Repräsentiert die Herkunft der Materialien, vom Maghreb bis China, von den USA bis zum Iran, untergründig dennoch aktuelle Konfliktzonen? Die Titel der Arbeiten geben zudem einen Hinweis darauf, dass die Künstlerin ihren Arbeiten häufig auch Töne und Klangmuster entlockt und in Beziehung zu ihren skulpturalen Arbeiten und Musikinstrumenten steht.

Social Fabric, Vibration II, 2020; Collage auf Holz, 174 x 113 x 5 cm, courtesy: the artist and Wentrup, Berlin

Social Fabric, Percussion III, 2020; Collage auf Holz, 174 x 113 x 5 cm; courtesy: the artist and Wentrup, Berlin