Tu BiShvat - Fest der Bäume
9. September 2021

Making of Tu BiShvat – Fest der Bäume

Die Ausstellung Tu BiShvat – Fest der Bäume beleuchtet nicht nur Werke der Sammlung des Museums, die von jüdischen Bürger:innen und Sammler:innen geschenkt wurden sowie ihr Netzwerk untereinander, sondern richtet den Blick auch auf drei zeitgenössische Künstler:innen, die sich mit der deutschen Geschichte sowie mit der Historie ihres Geburtslandes Israel auseinandersetzen. Mit ihren künstlerischen Auseinandersetzungen und den daraus entstandenen Arbeiten stellen sie relevante und aktuelle Fragen nach Schlagworten wie Herkunft, Exil, Heimat und der persönlichen Verwurzelung eines jeden mit seinem Geburtsort.

Die Künstlerin Michal Fuchs studierte Kunst an der Burg Giebichenstein in Halle an der Saale. Für die Realisierung und den Aufbau ihrer Arbeiten in den Kunstsammlungen Chemnitz ist sie in das Museum gekommen.

Ursprünglich ist der Mythos vom Ewigen Juden, englisch „The wandering Jew“, französisch „Juif errant“, eine christliche Erfindung. Das erste Druckerzeugnis, das diese Erfindung belegt, datiert aus dem Jahr 1602. Dort trägt er zum ersten Mal den Namen Ahasveros, eine Reminiszenz an die biblische Überlieferung im Buch Esther über den persischen Großkönig Xerxes I. (485 – 465 v. Chr.), Repräsentant eines der größten Weltreiche aller Zeiten, ein Mäzen des jüdischen Volkes – seinen Namen erhält der heimatlose Wanderer.

Michal Fuchs, Der Wanderer, Texte zur Ausstellung, 2019/2020, S. 21.

Künstlerisches Mittel von Michal Fuchs´Auseinandersetzung mit dem Mythos des Wandernden Juden ist die Mexikanische Dreimasterblume. Sie ist robust, breitet sich schnell aus und kann unter den widrigsten Umständen überleben – eine Überlebenskünstlerin der Natur. In ihrem Experiment entzieht sie der Pflanze den Nährboden ihres natürlichen Wachstums – die Erde. In eine Stele hat sie ein Aquarium eingebaut, das mit Wasser gefüllt wird. In den oberen, verdeckten Teil der Stele setzt sie die Pflanzen, deren Wurzeln nun lose im Wasser hängen. Über die Zeit der Ausstellung beginnen diese zu wachsen. Die Künstlerin enthält sich einer eingängigen Interpretation ihrer Arbeit, sie lässt viel Platz für Assoziationen der Betrachter:innen. Es kommen Fragen auf wie: Was passiert mit den Pfanzen? Werden sie weiterwachsen? Werden sie überleben? Damit entstehen auch Denkräume zur eigenen Herkunft eines jeden. Haben wir Wurzeln? Brauchen wir diese? Und sind die Fragen danach nicht längst überholt in einer multikulturellen Welt, in der wir die Möglichkeit haben beinahe überall hinzugehen?

Michal Fuchs, Making of Der Wanderer in den Kunstsammlungen Chemnitz, 2021, Foto: Karoline Schmidt

Auch die zweite Arbeit von Michal Fuchs Von dem Land hinab zu gehen II, die im Jahr 2021 entstand, knüpft an die vorangegangenen Fragestellungen an. Die Arbeit zeigt den zuvor nicht sichtbaren Teil der Mexikanischen Dreimasterpflanze. In Eisen gegossen scheinen sie aus extra für das Museum entworfenen Betonplatten herauszuwachsen. Doch nur scheinbar entsteht ein Moment der Starre – der Eingefrorenheit. Bei genauerer Betrachtung ist zu erkennen, das an der Stelle, an der die Pflanzen aus dem festen Material heraustreten, Rost entstanden ist. Er bildet zarte Wurzeln, die im Laufe der Ausstellung wachsen.

Michal Fuchs und Uwe Haase bei der Installation der Arbeit Der Wanderer in den Kunstsammlungen Chemnitz, 2021, Foto: Karoline Schmidt

Michal Fuchs mit ihrer Arbeit Der Wanderer in den Kunstsammlungen Chemnitz, 2021, Foto: Karoline Schmidt