Tu BiShvat – Fest der Bäume

Making of Tu BiShvat – Fest der Bäume

Die Ausstellung Tu BiShvat – Fest der Bäume beleuchtet nicht nur Werke der Sammlung des Museums, die von jüdischen Bürger:innen und Sammler:innen geschenkt wurden sowie ihr Netzwerk untereinander, sondern richtet den Blick auch auf drei zeitgenössische Künstler:innen, die sich mit der deutschen Geschichte sowie mit der Historie ihres Geburtslandes Israel auseinandersetzen. Mit ihren künstlerischen Auseinandersetzungen und den daraus entstandenen Arbeiten stellen sie relevante und aktuelle Fragen nach Schlagworten wie Herkunft, Exil, Heimat und der persönlichen Verwurzelung eines jeden mit seinem Geburtsort.

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Arthur Weiner (1877–1933)

Arthur Weiner hatte eine besonders angesehene und herausgehobene Position unter den Bürgern der Stadt Chemnitz inne. Als zweiter Vorstandsvorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde und angesehener Rechtsanwalt war er nicht nur Berater der jüdischen Gemeinde, sondern auch zahlreicher Unternehmer, Fabrikanten und Industrieller in Chemnitz. War es diese Kompetenz, Macht und das Ansehen, dass allen Hass der Nationalsozialisten auf ihn bündelte, so wurde Weiner eines der ersten Opfer des nationalsozialistischen Terror-Regimes in der Region Chemnitz.

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Eldar Farber (*1970 Tel Aviv-Jaffa, Israel, lebt und arbeitet in Tel Aviv und Berlin)

Der Mensch verbindet mit Orten, an denen er war, an denen er gelebt hat oder die ihm einfach nur aufgrund eines besonderen Ereignisses im Gedächtnis geblieben sind, individuelle und persönliche Wahrnehmungen. Er entwickelt emotionale und sinnliche Verknüpfungen im Gedächtnis. Jeder kennt diese Gefühle. Mit dem Blick auf einen Garten, an dem sich jemand als Kind wohl gefühlt hat, kann nach vielen vergangenen Jahren die Erinnerung an einen speziellen Duft oder ein Geräusch wachgerufen werden, mit einer schmerzvollen Trennung am selben Ort verbindet jemand anderes ein bestimmtes Licht am Himmel oder den Geruch eines heranziehenden Gewitters. Die Orte erzählen uns Geschichten und damit verbundene Assoziationen aus der Vergangenheit. Von den Geschichten der anderen wissen wir oft nichts. Und trotzdem teilen wir diese Orte über viele Jahre hinweg. Wie malt man einen Ort, mit dem jeder Mensch ein individuelles Gefühl verbindet?

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Historische Bilder

Die Ausstellung Tu BiShvat – Fest der Bäume nimmt nicht nur ihre Schenkungen und Leihgaben an das Museum in den Blick. Auch die Alltagsmomente der Sammlerfamilien geben einen Eindruck von dem Netzwerk, das über die Stadt Chemnitz hinaus bestand. Es sind Familienfeste, Strandurlaube, Verlobungen und Wanderungen in der Natur, die einen sehr persönlichen Eindruck von ihren Leben vermitteln. Dank des Experten für jüdisches Leben in Sachsen, Jürgen Nitsche, und der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, stellvertretend als Vorsitzende Dr. Ruth Röcher, sind diese Aufnahmen verschiedener jüdischer Familien recherchiert, gesammelt und aufbewahrt worden. Ihnen gilt großer Dank für die Unterstützung des Projektes Tu BiShvat – Fest der Bäume.

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Max Berger (1862–1936)

Das Interesse und Engagement kunstsinniger Bürger an einem reicheren kulturellen Leben in der Stadt Chemnitz äußerte sich für viele in ihrer Mitgliedschaft im Kunstverein Kunsthütte zu Chemnitz. Im Mitgliederverzeichnis der Kunsthütte wurde ab dem Jahr 1906 auch der Handschuh- und Strumpffabrikant Max Berger verzeichnet. Nachdem der Verein im Jahr 1909 in das neu erbaute Museum am Theaterplatz umgezogen war, entstand viel Raum, um die bereits im Museum befindlichen Sammlungen zu erweitern.

Über Bergers Leben und seine Kunstsammlung ist bis auf wenige Arbeiten heute wenig bekannt. Der Kunstbesitz des Textilfabrikanten war geprägt von Werken der deutschen Freilichtmalerei und des Impressionismus. Neben Werken von Eugen Bracht, Walter Leistikow, Carl Schuch, Wilhelm Steinhausen, Lesser Ury und Friedrich Johann Voltz besaß Max Berger mindestens zwei Gemälde von Max Liebermann. Im Jahr 1917 schenkte er der Kunsthütte das undatierte Gemälde Vor der Schule von Heinrich Lukas Arnold (1815–1854 letztmalig erwähnt). Das Gemälde im Stil des Biedermeier ist charakteristisch für das Genre und vermittelt auf süßlich-stimmungsvolle Art eine Alltagsszene. Im Jahr darauf schenkte Max Berger den Kunstsammlungen die Plastik Kauernde Haarflechterin aus dem Jahr 1913 von Karl Albiker (1871–1961).

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Lovis Corinth (1858–1925)

Wie seine Künstlerkollegen Max Slevogt und Max Liebermann gehörte auch Lovis Corinth zu den wichtigsten und einflussreichsten Vertretern des Impressionismus in Deutschland. Bis ihm öffentliche Anerkennung zukam, hatte er bereits ein beachtliches Werk geschaffen.

Lovis Corinth, Waldlandschaft, undatiert, Kunstsammlungen Chemnitz, Leihgabe Sammlung Claus Hüppe

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Max Liebermann (1847–1935)

Obwohl Max Liebermann nachweislich nie selbst in Chemnitz war, finden sich Spuren des jüdischen Malers in den Kunstsammlungen Chemnitz. Er wurde am 20. Juli 1847 als Sohn des jüdischen Kattunfabrikanten Louis Liebermann und dessen Frau Philippine in Berlin geboren. Durch ihren florierenden Textilhandel war die Familie zu großem Wohlstand gekommen, was dem jungen Max Liebermann viele finanzielle Freiräume brachte. So konnte er sich ganz seinem Studium der Kunst widmen, zahlreiche Reisen unternehmen und sich durch verschiedene künstlerische Einflüsse und Stile inspirieren lassen.

Max Liebermann, Selbstbildnis, 1921, Kunstsammlungen Chemnitz, erworben auf der Auktion Bruno Kassierer und Hugo Helbing aus der Sammlung David Leder, 1925

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Otto Theodor Wolfgang Stein (1877–1958)

Der Maler und Zeichner Otto Theodor Wolfang Stein (im folgenden Text Otto Stein) nahm unter den Malern in den 1920er Jahren eine besondere Position ein. Seine oft konservativ anmutenden Motive sowie die dunklen, mal pastellig aufgetragenen Farben waren beim kunstinteressierten Publikum in Deutschland beliebt. Weniger aus kunsthistorischen Gründen, mehr durch äußere Lebensumstände wurde das Leben und die künstlerische Entwicklung des Kosmopoliten und Netzwerkers in Chemnitz entscheidend geprägt und beeinträchtigt.

Jósef Rosner, Porträtfotografie Otto Th. W. Stein, 1929, Kunstsammlungen Chemnitz, erworben 1951

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Hugo Max Oppenheim (1861–1921)

Die Stadt Chemnitz war vor allem im beginnenden 20. Jahrhundert für ihre zahlreichen Textilunternehmen jüdischer und nicht-jüdischer Kaufleute und Fabrikant:innen in der Stadt und darüber hinaus bekannt. Die Spuren der Firma Heidenheim, Oppenheim & Co. reichen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Gustav Heidenheim (1850–1899) gründete die Handschuhfabrik im Jahr 1879, die innerhalb weniger Jahre ein marktführendes Unternehmen wurde. Im Juli 1889 wurde sein Schwager Hugo Max Oppenheim Mitinhaber. Die beiden jüdischen Fabrikanten setzten auf eine moderne Präsentation ihrer Erzeugnisse. Nachdem sich Heidenheim infolge einer Kriegsverletzung aus dem Unternehmen zurückzog und kurz darauf das Leben nahm, führte Oppenheim das Geschäft erfolgreich weiter. Unter den geschützten Namen HOCO (für Handschuhe) und AGO (für Strümpfe) produzierten sie qualitätsvolle Ware wie Seiden- und Florstrümpfe, Wollgarne sowie Socken in Fantasie- und Unifarben, die bis nach Wien bekannt und beliebt waren. Ab 1897 wurde Oppenheim im Mitgliederverzeichnis des im Jahr 1860 gegründeten Vereines Kunsthütte zu Chemnitz verzeichnet. Im Jahr 1903 schenkte er der Kunsthütte das Gemälde Weiße Sklaven des italienischen Künstlers Enrico Savini aus dem Jahr 1862.

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Tu BiShvat – Fest der Bäume

Die Ausstellung Tu BiShvat – Fest der Bäume findet anlässlich des Festjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und den 30. Tagen der jüdischen Kultur Chemnitz statt. Im Zentrum der Ausstellung stehen Sammler:innen und Künstler:innen, die mit ihren Schenkungen und Leihgaben den Aufbau der Sammlung des Museums im beginnenden 20. Jahrhundert geprägt, beeinflusst und bereichert haben. Zwischen ihnen entstand ein Netzwerk aus Freundschaften und Beziehungen, das sich in den Bildern der Ausstellung nachvollziehen lässt.

Tu BiShvat ist eigentlich kein Fest sondern markierte für die Landwirtschaft ein wichtiges Datum: es war der Beginn eines Erntejahres. Gegenwärtig erinnert das Datum im hebräischen Kalender an die Verbindung zum Staat Israel.
Kinder und Jugendliche pflanzen Setzlinge und es werden Spenden zur Erhaltung der Wälder in Israel gesammelt.

Der Natur verbunden sollen wir auch unsere Mitmenschen schützen und achten – egal woher sie kommen oder woran sie glauben. Die Achtung und der Schutz gelten auch jenen Menschen, die Opfer von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit geworden sind. Sie alle hatten ein Leben und Tu BiShvat ist ein guter Anlass, um sich an sie zu erinnern.

Michal Fuchs, Von dem Land hinab zu gehen II, 2021 (Ausschnitt), Bildbearbeitung: Michael Kewitsch, Foto: Sven Bergelt

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