Die Stadt Chemnitz war vor allem im beginnenden 20. Jahrhundert für ihre zahlreichen Textilunternehmen jüdischer und nicht-jüdischer Kaufleute und Fabrikant:innen in der Stadt und darüber hinaus bekannt. Die Spuren der Firma Heidenheim, Oppenheim & Co. reichen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Gustav Heidenheim (1850–1899) gründete die Handschuhfabrik im Jahr 1879, die innerhalb weniger Jahre ein marktführendes Unternehmen wurde. Im Juli 1889 wurde sein Schwager Hugo Max Oppenheim Mitinhaber. Die beiden jüdischen Fabrikanten setzten auf eine moderne Präsentation ihrer Erzeugnisse. Nachdem sich Heidenheim infolge einer Kriegsverletzung aus dem Unternehmen zurückzog und kurz darauf das Leben nahm, führte Oppenheim das Geschäft erfolgreich weiter. Unter den geschützten Namen HOCO (für Handschuhe) und AGO (für Strümpfe) produzierten sie qualitätsvolle Ware wie Seiden- und Florstrümpfe, Wollgarne sowie Socken in Fantasie- und Unifarben, die bis nach Wien bekannt und beliebt waren. Ab 1897 wurde Oppenheim im Mitgliederverzeichnis des im Jahr 1860 gegründeten Vereines Kunsthütte zu Chemnitz verzeichnet. Im Jahr 1903 schenkte er der Kunsthütte das Gemälde Weiße Sklaven des italienischen Künstlers Enrico Savini aus dem Jahr 1862.
Enrico Savini, Weiße Sklaven, 1862, Kunstsammlungen Chemnitz, Schenkung Hugo Max Oppenheim, 1903
Es war die erste Schenkung eines jüdischen Bürgers an das Museum. Eine weitere qualitativ hochwertige Schenkung bekam das Museum von Oppenheim im Jahr 1910. Er schenkte ein Konvolut aus 82 Handzeichnungen des ungarischen Malers Mihály Munkácsy – Studien zu dessen Gemälde Golgatha aus dem Jahr 1883.
Trotz großer Konkurrenz vieler Textilhändler:innen in Chemnitz wuchs Oppenheims Geschäft und sein Kundenkreis. Auch nach dem Ersten Weltkrieg konnte das Unternehmen bestehen. Im Jahr 1918 wurde Oppenheims Sohn Fritz zum Wehdienst eingezogen und nur wenige Tage danach im Einsatz in Belgien getötet. Erst im April 1921 erfuhr Hugo Max Oppenheim vom Tod seines Sohnes. Zehn Tage darauf, am 21. April 1921, starb er im Stadtkrankenhaus im Küchwald in Chemnitz. Viele Menschen nahmen auf seiner Beerdigung Abschied von dem beliebten und ehrgeizigen Fabrikanten und Kunstsammler. Trotz des Bekenntnisses zum Christentum wurden die Mitglieder der Familie Oppenheim im Nationalsozialismus als Juden verfolgt und ermordet. Für Betty Oppenheim, die die Firma bis zur Löschung aus dem Handelsregister im Jahr 1939 weiterführte, wurde im Jahr 2018 ein Stolperstein auf dem Kaßberg verlegt.
Die Schenkungen und Leihgaben der Kunstsammler:innen hatten unterschiedliche Motivationen und dienten nicht immer nur dem Kunstgenuss. Auf der einen Seite sahen sie sich gesellschaftlich dazu verpflichtet, künstlerisches Bewusstsein zu fördern und Einfluss auf die kulturelle Entwicklung der Stadt und der Museen zu nehmen, anderseits konnten sie der eigenen Person und der Familie Anerkennung verschaffen und etwas Bleibendes für die Nachwelt hinterlassen. So bleibt die Familie Oppenheim auch über ihre Schenkungen an die Kunstsammlungen Chemnitz in Erinnerung.