»Webte mich seit letztem Juli durch alle verbliebenen Garne, die ich zur Hand hatte (zuvor von kleinen Spinnereien sowie von Hand-Spinnerinnen erworben) innerhalb und entlang anderer zufallsbestimmter Parameter. Wechselte jeden Monat zwischen einem mittelgroßen Webstuhl mit einer farbigen Kette (vertikale Fäden) und ungefärbtem Schuss (horizontale Fäden), und einem kleineren mit einer gefärbten Kette und farbigem Schuss… .« (Helen Mirra, 2019)
Helen Mirra
geb. 1970, Rochester, New York, USA, lebt und arbeitet in Muir Beach, Kalifornien, USA
Helen Mirra verknüpft das Interesse an Textilkunst mit Prinzipien der klassischen Minimal- und Konzeptkunst der späten 1960er Jahre. Seit 2010 verfolgt die Künstlerin ein laufendes Projekt, bei dem oft tagelange Spaziergänge Kunstwerke hervorbringen und umgekehrt. Das Gehen selbst wird dabei Ausgangspunkt für Bewegungs- und Maßverhältnisse. In anderen Arbeiten kann es der Webrahmen, die Länge eines gesponnenen Fadens oder die Herkunft der Wolle (je nach Schaf) sein, die bestimmte Gestaltungskriterien und Proportionen beeinflussen. Für ihre gefalteten Bodenarbeiten bewegt sich die stehende Weberin von einer Kante des Webstuhls zur anderen. Das »Walken«, der Titelhinweis, ist aber vor allem ein Begriff für den traditionellen handwerklichen Prozess, bei dem eine Weberei so fertiggestellt wird, dass sich die Fasern zusammenbinden und dabei die Besonderheiten des Gewebes dennoch erhalten bleiben.
Bei den Wandarbeiten bestimmt die Künstlerin die Form und die Rhythmen von gefärbten und ungefärbten Garnen durch ein vorangestelltes System, das mit dem Zufall zusammenarbeitet: Sie verwendet nur die zur Verfügung stehenden Garne in ihrem Lager, die zuvor von kleinen Herstellern bezogen wurden. Die Größe der Arbeit geben zwei verschiedenen Webstühle vor, die sie benutzt. Geordnet nach Farbtönen, entscheidet ein Münzwurf, welches Garn sie verwendet. Farbänderungen innerhalb einer Arbeit treten auf, wenn das vorherige Garn verbraucht ist.
Analog zur Entstehung brauchen die Werke Zeit, um wahrgenommen zu werden. Mirras Werke entfalten eine wunderschöne Ausdifferenzierung und einen Detailreichtum, der im Nachvollzug an Lebendigkeit gewinnt. Es ist der Weg und nicht das Ziel, das sich hier im Handwerklichen vermittelt; ebenso wie eine verdichtete Authentizität des Werkstoffs.