Wo endet der Körper, wo beginnt die zweite Haut der Kleidung? Birckens Werke sind von dieser Auseinandersetzung mit dem Körper und seinen verschiedenen Hüllen definiert, den Grenzen von Innen und Außen, permeablen Membranen, Schnittflächen und Nahtstellen. Versehrtheit, Verfall und Selbstzerstörungsprozesse sind Dingen und dem menschlichen Körper eingeschrieben. Vor allem Motorradanzüge aus Unfällen, die sie im Internet erwirbt, sind immer wieder Material und Thema ihrer Skulpturen.
Alexandra Bircken
geb. 1967, Köln, Deutschland, lebt und arbeitet in Köln, Deutschland
Das Experiment mit dem Material sowie das Formenrepertoire von Körperfragmenten sind grundlegende Konstanten von Alexandra Birckens skulpturalen Arbeiten. Wo endet die Haut, wo der Körper? Wo beginnt Kleidung? Und könnten die Schnittstellen zwischen beiden nicht ganz anders ausfallen und betrachtet werden? Bircken hat in den 1990er Jahren beim Studium am St. Martins College in London zunächst Mode entworfen. Später lehrte sie dort und gründete zusammen mit Alexander Faridi ein eigenes Label. Mit der Zeit näherte sie sich zunehmend bildhauerisch der Frage, was den menschlichen Körper eigentlich zusammenhält. Gipsmodellagen, Körperabgüsse, Schaufensterpuppen, Kleidungsstücke verwandeln sich in menschliche Körperfragmente, aufgerissene Motorradkluften in körperartige Häutungen.
Der Körper als Organ, als zellulare Struktur und als extrem verletzliche Grenze zwischen Innen und Außen erscheint in den Arbeiten von Bircken als Hybrid. Körperteile finden Ersatz durch Prothesen, zukünftig vielleicht auch durch Replikanten. Mensch und Maschine spielen schon lange zusammen, oder zerstören sich gegenseitig. Auf deutliche Art und Weise nimmt die Künstlerin auch Bezug auf den Selbstzerstörungstrieb, der dem Menschen eingeschrieben ist. Bircken fährt selbst Motorrad, die Anzüge für ihre Objekte sind häufig über das Internet erworben und gehörten Fahrern, die mit ihren Fahrzeugen Unfälle erlitten hatten.
»Es geht bei Bircken (mittlerweile) weniger um Geschlechterrollen als um die conditio humana. Darum, dass wir als Menschen einen Körper haben und dass dieser unser Schicksal ist – nicht, weil er primär durch die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht geprägt ist, sondern weil er bestimmten Formen des Reifens und Wachsens unterliegt, weil er verletztlich und schutzbedürftig ist: weil er altert und stirbt.« (Michael Stoeber)